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Bänke zurück.
Aber eine gewisse Unruhe blieb, ein merkwürdiges Raunen und Tuscheln, weit über das
übliche Maß hinaus, und nichts Gutes verheißend.
Auch der Schnauz wurde unruhig.
»Pfeiffer, Sie gäben nicht acht. Wederholen Sie: Was verstäht man onter alkoholischer
Gärung?«
Pfeiffer erhob sich. Jetzt mußte es losgehen.
»Also die alkoholische Gärung - oder vielmehr die Gärung des Alkohols - sie erzeugt Alkohol
- das heißt also, der Alkohol erzeugt Gärung - sogenannte alkoholische Gärung -«
»Pfeiffer, Sie faseln.«
»Der gärende Alkohol fängt an zu faseln - fängt an in fasernde Gärung überzugehen - und so
entsteht Heidelbeerfusel - Heidelbeerfasel -«
»Was ist los met Ebnen?«
»Nichts, Herr Professor. Und wenn dann der Heidelbeerfusel beziehungsweise der Alkohol -
oder vielmehr der Heidelbeerkohl - ich meine: der gärende Altheidelbeerkohl
»Est Ehnen nicht wohl? - Oh, dann Sätzen Sie sech. Hosemann, fahren Sie fort.«
Und Hosemanri mit todernstem Gesicht:
»Man kakakann den Wein mit A-a - - - A-a - - ich kokomme nicht auf das Wort.«
»Seit wann stottern Sä?«
»Ich ststotottere doch gagarnicht. Aaaber mir dreht sich a-a-alles vor den Au-au-augen!«
»Oh, Hosemann, gäben Sä doch mal an die fresche Loft.«
Luck hat den Finger gehoben.
»Ich verstehe das gar nicht. Lock, wollen Sä mal fortfahren?«
Luck steht auf, macht den Mund auf und zu, würgt und bringt keine Silbe über die Lippen.
»Lock, ist Ehnen denn auch öbel?«
»Sehr--«
Professor Crey ist fassungslos. Er betupft sich mit seinem großen Taschentuch noch häufiger
als sonst die Stirn und wird zusehends bleicher.
»Est sonst noch wem öbel?«
Der ganzen Klasse ist öbel. Man sieht es ihnen an. Die einen können nicht mehr gerade
stehen, die anderen lallen oder stöhnen oder grinsen blöde in die Luft. Die Dilettanten
begnügen sich damit, den Kopf vornüber aufs Pult fallen zu lassen.
Rudi Knebel aber liefert sein Meisterstück. Er torkelt auf den Professor zu, fällt ihm um den
Hals und johlt: »Der Wein - hupp - ist famos. Mein liebes Schnäuzchen - hupp - den saufen
wir dir aus!«
Jetzt ist die Klasse nicht mehr zu halten. Ein fünfzehn-
stimmiges Plärren und Johlen, Grunzen und Brüllen setzt ein. Und fünfzehn Jungens torkeln
und kugeln übereinander und durcheinander, daß man nicht mehr weiß, was oben und unten
ist.
Dem Professor läuft es eiskalt über den Rücken. Was war mit dem Heidelbeerwein? Sollte
sich infolge wilder Gärung vielleicht Methylalkohol gebildet haben? Oder ein sonstiges Gift?
Drohende Formeln kreisen in seinem Hirn, überschlagen sich und zerfallen. In diesen
wenigen Minuten büßt er für die spärlichen Sünden seines sechs-undvierzigjährigen Lebens.
Hans Pfeiffer konnte es kaum noch mit ansehen und schloß die Augen. Aber da hat sich
Professor Crey mit seiner letzten Energie zusammengerappelt und trifft die erforderlichen
Anordnungen. Die ganze Klasse soll sich sofort an die frische Luft begeben, so leise und
unauffällig wie möglich. Nicht auf den Schulhof, sondern auf die Straße, vielleicht etwas die
Ecke herum, und dann sollen sie tief atmen und ganz ruhig bleiben. Oder sich irgendwo eine
starke Tasse Kaffee geben lassen. - Zu diesem Behufe erhielt Hans Pfeiffer, der am wenigsten
angegriffen schien, ein Fünfmarkstück.
Und mit bewegten Worten bat er seine lieben Primaner, sich recht gut zu erholen und nach der
Pause, in der Stunde beim Herrn Direktor, sich nichts merken zu lassen.
Die Klasse gelobte es und torkelte davon.
Auf der Straße, um die Ecke herum, wurde zunächst der Betriebsfonds von fünf Mark durch
freiwillige Spenden auf elf Mark fünfundsiebzig vergrößert. Diese Summe reichte aus, um
einen zwar etwas eiligen, dafür aber intensiven Frühschoppen zu veranstalten. Und es ist gar
nicht ausgeschlossen, daß bei einigen der Mitwirkenden der gefälschte Schwips bis zu einem
gewissen Grade durch einen echten ersetzt wurde.
Als nach der Pause Direktor Knauer in die Oberprima einmarschierte, umfing ihn Totenstille.
Eine Weile dachte er, er habe sich verlaufen. Vor seinen Augen entrollte sich ein Bild
menschlichen Jammers. Da hingen seine stämmigen Primaner wie die Mehlsäcke zwischen
den Bänken. Einige schienen zu schlafen, andere glotzten ihn stumpfsinnig an oder grinsten
läppisch vor sich hin. Und keiner war aufgestanden. Keiner rührte sich.
Knauer vergegenwärtigte sich mit Schrecken, daß in Indien durchschnittlich 315 490
Menschen an Cholera, 228 023 an Pest und rund fünf Millionen an Malaria, Influenza und
Typhus hinweggerafft werden.
»Husemann, was ist los?«
»Tralala.«
»Um Himmels willen - habt ihr was Schlechtes gegessen?«
»Dideldum.«
»Im Gegenteil.«
»Wir haben was Gutes getrunken, Herr Direktor. Hali und Hallo!« [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ]
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Bänke zurück.
Aber eine gewisse Unruhe blieb, ein merkwürdiges Raunen und Tuscheln, weit über das
übliche Maß hinaus, und nichts Gutes verheißend.
Auch der Schnauz wurde unruhig.
»Pfeiffer, Sie gäben nicht acht. Wederholen Sie: Was verstäht man onter alkoholischer
Gärung?«
Pfeiffer erhob sich. Jetzt mußte es losgehen.
»Also die alkoholische Gärung - oder vielmehr die Gärung des Alkohols - sie erzeugt Alkohol
- das heißt also, der Alkohol erzeugt Gärung - sogenannte alkoholische Gärung -«
»Pfeiffer, Sie faseln.«
»Der gärende Alkohol fängt an zu faseln - fängt an in fasernde Gärung überzugehen - und so
entsteht Heidelbeerfusel - Heidelbeerfasel -«
»Was ist los met Ebnen?«
»Nichts, Herr Professor. Und wenn dann der Heidelbeerfusel beziehungsweise der Alkohol -
oder vielmehr der Heidelbeerkohl - ich meine: der gärende Altheidelbeerkohl
»Est Ehnen nicht wohl? - Oh, dann Sätzen Sie sech. Hosemann, fahren Sie fort.«
Und Hosemanri mit todernstem Gesicht:
»Man kakakann den Wein mit A-a - - - A-a - - ich kokomme nicht auf das Wort.«
»Seit wann stottern Sä?«
»Ich ststotottere doch gagarnicht. Aaaber mir dreht sich a-a-alles vor den Au-au-augen!«
»Oh, Hosemann, gäben Sä doch mal an die fresche Loft.«
Luck hat den Finger gehoben.
»Ich verstehe das gar nicht. Lock, wollen Sä mal fortfahren?«
Luck steht auf, macht den Mund auf und zu, würgt und bringt keine Silbe über die Lippen.
»Lock, ist Ehnen denn auch öbel?«
»Sehr--«
Professor Crey ist fassungslos. Er betupft sich mit seinem großen Taschentuch noch häufiger
als sonst die Stirn und wird zusehends bleicher.
»Est sonst noch wem öbel?«
Der ganzen Klasse ist öbel. Man sieht es ihnen an. Die einen können nicht mehr gerade
stehen, die anderen lallen oder stöhnen oder grinsen blöde in die Luft. Die Dilettanten
begnügen sich damit, den Kopf vornüber aufs Pult fallen zu lassen.
Rudi Knebel aber liefert sein Meisterstück. Er torkelt auf den Professor zu, fällt ihm um den
Hals und johlt: »Der Wein - hupp - ist famos. Mein liebes Schnäuzchen - hupp - den saufen
wir dir aus!«
Jetzt ist die Klasse nicht mehr zu halten. Ein fünfzehn-
stimmiges Plärren und Johlen, Grunzen und Brüllen setzt ein. Und fünfzehn Jungens torkeln
und kugeln übereinander und durcheinander, daß man nicht mehr weiß, was oben und unten
ist.
Dem Professor läuft es eiskalt über den Rücken. Was war mit dem Heidelbeerwein? Sollte
sich infolge wilder Gärung vielleicht Methylalkohol gebildet haben? Oder ein sonstiges Gift?
Drohende Formeln kreisen in seinem Hirn, überschlagen sich und zerfallen. In diesen
wenigen Minuten büßt er für die spärlichen Sünden seines sechs-undvierzigjährigen Lebens.
Hans Pfeiffer konnte es kaum noch mit ansehen und schloß die Augen. Aber da hat sich
Professor Crey mit seiner letzten Energie zusammengerappelt und trifft die erforderlichen
Anordnungen. Die ganze Klasse soll sich sofort an die frische Luft begeben, so leise und
unauffällig wie möglich. Nicht auf den Schulhof, sondern auf die Straße, vielleicht etwas die
Ecke herum, und dann sollen sie tief atmen und ganz ruhig bleiben. Oder sich irgendwo eine
starke Tasse Kaffee geben lassen. - Zu diesem Behufe erhielt Hans Pfeiffer, der am wenigsten
angegriffen schien, ein Fünfmarkstück.
Und mit bewegten Worten bat er seine lieben Primaner, sich recht gut zu erholen und nach der
Pause, in der Stunde beim Herrn Direktor, sich nichts merken zu lassen.
Die Klasse gelobte es und torkelte davon.
Auf der Straße, um die Ecke herum, wurde zunächst der Betriebsfonds von fünf Mark durch
freiwillige Spenden auf elf Mark fünfundsiebzig vergrößert. Diese Summe reichte aus, um
einen zwar etwas eiligen, dafür aber intensiven Frühschoppen zu veranstalten. Und es ist gar
nicht ausgeschlossen, daß bei einigen der Mitwirkenden der gefälschte Schwips bis zu einem
gewissen Grade durch einen echten ersetzt wurde.
Als nach der Pause Direktor Knauer in die Oberprima einmarschierte, umfing ihn Totenstille.
Eine Weile dachte er, er habe sich verlaufen. Vor seinen Augen entrollte sich ein Bild
menschlichen Jammers. Da hingen seine stämmigen Primaner wie die Mehlsäcke zwischen
den Bänken. Einige schienen zu schlafen, andere glotzten ihn stumpfsinnig an oder grinsten
läppisch vor sich hin. Und keiner war aufgestanden. Keiner rührte sich.
Knauer vergegenwärtigte sich mit Schrecken, daß in Indien durchschnittlich 315 490
Menschen an Cholera, 228 023 an Pest und rund fünf Millionen an Malaria, Influenza und
Typhus hinweggerafft werden.
»Husemann, was ist los?«
»Tralala.«
»Um Himmels willen - habt ihr was Schlechtes gegessen?«
»Dideldum.«
»Im Gegenteil.«
»Wir haben was Gutes getrunken, Herr Direktor. Hali und Hallo!« [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ]